Es ist Samstag, der 21. Juli 2007. Heute wurde mir endgültig klar, dass ich eine Ameise bin, und zwar nicht wie Gregor Samsa infolge einer Verwandlung in Kafkas gleichnamiger Erzählung, sondern immer schon, von Anfang an. Ich bemerktes es, als ich bei Beginn der Lektüre von E.T.A Hoffmanns „Klein Zaches genannt Zinnober“ vom Hölzchen aufs Stöckchen kam, da und dort etwas zum Hintergrund nachlas, über eine kleine Abhandlung über die Idee der Ironie der Romantik stolperte und schließlich bei einem allgemeinen Literaturlexikon endete. Von alldem hatte ich bisher wenig, um nicht zu sagen „nichts“ gehört. Hier fiel mir wieder einmal die Schmalspurigkeit der sogenannten universitären Ausbildung auf. Als Volljurist (und in anderen Fächern ist es nicht besser, in der Wirtschaftswissenschaft am schlimmsten) bist Du ein kleines Holzböckchen, ein Subsumtionsautomat, das nach zwei Staatsexamina die stupide Rechtsanwendungstechnik beherrscht, wie der Automechaniker den Reifenwechsel. Daran ändern auch Doktorgrad und Fachanwaltschaft nichts. Ich werde bei dem Gedanken wütend, dass sie an der Uni nichts über die Seele des Rechts vermitteln, nichts über den sittlichen Gehalt der Freiheit, nichts über die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus. Es wird kein Feuer in den Studenten gelegt. Du hörst nichts von Kant und Hegel, geschweige denn von Fichte oder gar Savigny; auf Carl Schmitt und Hermann Heller geben sie – wenn überhaupt – Hinweise. Die Rechtsphilosophie wird mit der Staatslehre und der Verfassungsgeschichte in die Nische der Weltfremdheit abgeschoben, während die Experten des Wirtschaftsstandortes Deutschland im Fernsehen oder bei welcher Gelegenheit immer dreist genug sind, von der Universität mehr Praxistauglichkeit zu verlangen. Über den Tellerrand hinauszuschauen, ist unökonomisch und wohl auch nicht geil.
Ein studium generale gar, das Deinen Horizont systematisch erweitern könnte, bleibt Dir an der Hochschule selbst überlassen und ist in meinem Fall, ich gebe es zu, in den Annehmlichkeiten des Marburger Studentenlebens versackt. So sitze ich Ameise also seit einigen Jahren in meinem Trichter der deutschen Geistesgeschichte und versuche an Höhe zu gewinnen. Und mit jedem kleinsten Schrittchen, das mir mühevoll gelingt, wird nur der Trichter breiter. Es ist der Trichter des Nichtwissens.